Quo Vadis, FSV?
Quo vadis, FSV?
„Wohin gehst du?“ „Wohin passt du?“
„Warum passt du nicht?“ „Warum schlägst du nicht endlich den gottverdammten
Ball nach vorne?“
All diese Fragen gingen
mir Samstagnachmittag durch den Kopf, als ich das mittelprächtige Unentschieden
zum Rückrundenauftakt gegen Holstein Kiel beobachtete. Nach einer
durchwachsenen Hinrunde hoffte man gegen die Gäste aus dem hohen Norden ein
Zeichen zu setzen. Der Aufstieg war ebenso realistisch wie der Abstieg, 6
Punkte zu beiden Polen und einige neue Gesichter, die die Weichen in Richtung
Aufstieg stellen sollen. Gerade nach dem Kreuzbandriss Schleuseners, der nahezu
jeden FSV-Fan in eine bitterböse Schockstarre versetzte, hoffte man auf ein
Zeichen der Mannschaft. Der ganzen Mannschaft. Der verletzungsbedingte Ausfall
Ornatellis, Schleuseners kongenialen Partners, trübte den Blick noch ein wenig
mehr, dennoch glaubte und hoffte ich auf die 3 Punkte, da Kiel in dieser Saison
die Konstanz ebenfalls nicht gepachtet hatte.
13:00
Uhr- eine Stunde vor Anpfiff- die
Aufstellungen werden bekannt gegeben
Graudenz
ersetzt Ornatelli. Morabit ersetzt Schleusener. Schäfer wieder nur auf der
Bank, dafür Heitmeier in der Startelf. Warum Heitmeier? Jovanovic wieder mal
nicht im Kader. Vrabec bleibt seinem 4-2-3-1 treu. Bestbesetzte Zentrale mit
Stark und Streker, Bahn sollte das Geschehen auf der 10er-Position leiten und
vorne wirbelte erneut der junge Kader, der in der letzten Zeit etwas blass
blieb. Abwehr wie gehabt, trotz eventueller Schwachstelle, und die Außen in der
Offensive neu besetzt. Meine Euphorie erhielt einen kleinen Dämpfer, aber ich
blieb vorerst optimistisch. Kiel wie gewohnt im 4-1-4-1. Auch die Störche
hatten eine Hand voll Ausfälle, aber die wichtigsten Akteure standen in der
Startelf. Vorne Fetsch, dahinter Drexler als hängende Spitze oder 8er, auf die
musste man besonders aufpassen. Das Mittelfeld würfelte Trainer Anfang mal
wieder neu zusammen, dahinter der Leuchtturm Peitz auf der 6 und ¾ der
gesetzten Abwehrreihe, allen voran Kapitän Czichos. Kiel spielt dreckig, nicht direkt abwertend
gemeint, aber kein Spieler ist sich zu schade, mal einen Gegenspieler
abzuräumen. 46 Karten in 19 Spielen bestätigte das. Meist über den langen Hafer
nach vorn und irgendein langer Spieler wird den Ball schon festmachen können
oder ihn auf die Flügel weiterleiten. Nicht die Spielweise mit der man die
Champions League gewinnt, aber um in der dritten Liga mehr oder weniger oben
mitzuspielen. In der Hinrunde war die Erfolgsbilanz der Kieler ähnlich hoch,
als bei einem Münzwurf; entweder es funktionierte oder man scheiterte.
Dazwischen gab es nicht viel. Also trotz unterschiedlicher Spielweise standen
beide Mannschaften ziemlich ähnlich da und es trennten beide nur 2 Punkte.
14:00
Uhr- Anpfiff
Frankfurt
von links nach rechts in der ersten Halbzeit. Seit einer gefühlten Ewigkeit
hatte man nicht mehr in den ersten 45 Minuten auf die eigene Südtribüne spielen
müssen. Ein ungewohntes Gefühl. Aber was die Bornheimer in den ersten Minuten
zeigten, funktionierte. Man hatte den Ball und lies den Gegner laufen.
Vorsichtig näherte man sich dem letzten Drittel des Spielfeldes und setzte die
Gäste zunehmend unter Druck. Mit Erfolg! 9. Minute- Hermann schickt Graudenz
unmittelbar vor dem Strafraum auf die Bretter und kassiert dafür Gelb. Freistoß
für den FSV und Ornatelli ist verletzt. Eine Situation die für den Deutsch-
Italiener wie gemacht war. Stattdessen schnappte sich Yannick Stark den Ball
und jagte einen ordentlichen Strahl in Richtung Torwartecke. Kronholm schaffte
es aber noch den Ball aus der Ecke zu kratzen bevor dieser ins Netz gehen
konnte. Nach zehn gespielten Minuten die erste gute Gelegenheit für den FSV.
Von Kiel kam bis dato nichts. Kein geregelter Spielaufbau, viele Fehlpässe und
eine miserable Raumaufteilung, was dazu führte, dass man nach wenigen
Passstationen bereits den Ball wieder verloren hatte. Frankfurt presste sehr
früh und lies den Kielern nur wenig Luft zum Atmen. Die Bornheimer nahmen in
der Anfangsviertelstunde das Heft in die Hand, vor allem Streker und Stark
glänzten in den Zweikämpfen und ließen das Passspiel rotieren. Bahn suchte
ständig nach den Schnittstellen und die Flügelspieler Morabit und Graudenz setzten
einige Male zum Sprint an. Der letzte Pass, um vor dem gegnerischen Kasten
gefährlich zu werden fehlte jedoch. So schafften es die Kieler nach 20 Minuten
am Spiel teilzunehmen und machten ihre Schwachstellen im Frankfurter System
aus. Heitmeier spielte häufig zu zaghafte Pässe und brachte somit seine
Mitspieler in Bedrängnis, dass diese klärend einschreiten mussten. Fetsch und
Drexler liefen den Frankfurter Innenverteidiger konsequent an, sobald dieser im
Ballbesitz war. Jedoch schaffte es der FSV im Verbund diese Situationen
spielerisch zu lösen.
14:31-
Doppelschlag Kingsley Schindler
Wie
zuvor bereits erwähnt ist Kiel für ihr körperbetontes Spiel bekannt und dass
dies schief gehen kann, stellte Kingsley Schindler innerhalb von drei Minuten
eindrucksvoll unter Beweis. Er schaffte es in dieser überschaubaren Zeitspanne
zwei gelbwürdige Fouls in der gegnerischen Hälfte zu verzapfen und wurde somit
von Schiedsrichter Zorn nach 35 Minuten des Feldes verwiesen. Was für ein
Bärendienst für seine Mannschaft. Doch wie würde der FSV nun mit dieser
Überzahlsituation umgehen? Um es kurz zu machen- bis zur Halbzeit
unspektakulär. Kiel mauerte und stand mit zwei Viererketten vor dem eigenen
16er. Vorne liefen Drexler und Fetsch im Wechsel den ballführenden Spieler der
Frankfurter an und Frankfurt konterte nur mit viel Klein-Klein ohne zählbaren
Ertrag in der ersten Halbzeit. Beide Mannschaften gingen mit gemischten
Gefühlen in die Pause. Frankfurt hätte deutlich mehr machen können aus der
Überzahlsituation und die Kieler schienen sichtlich angefressen nach ihrem
Platzverweis- Halbzeit.
15:02-
Anpfiff zur zweiten Halbzeit
Beide
Teams kamen unverändert aus den Kabinen. Wieder ließ man Schäfer auf der Bank
und das rächte sich im weiteren Spielverlauf, da Heitmeier weiterhin unsicher
im Passspiel blieb und meist desorientiert im Spielaufbau mit dem Ball in die
gegnerische Hälfte lief ohne eine hilfreiche Anspielstation zu finden. Kiel
blieb derweil geduldig und körperbetont. Dennis Streker und Fabian Graudenz
konnte an diesem Nachmittag ein Lied davon singen. Beide wurden wiederholte
Male von den Beinen geholt und mussten zweitweise sogar behandelt werden.
Ansonsten lauerten die Gäste meist auf Fehlpässe, um das Spiel schnell über die
Außen zu gestalten. Dies gelang hin und wieder, aber die Angriffe blieben
genauso erfolglos, wie die der Frankfurter. Der FSV erstickte im Passspiel. 70
bis 75% Ballbesitz ohne auch nur den Hauch von Spielwitz zu versprühen. Die
Bornheimer spielten deutlich schlechter in Überzahl und konnte auch durch ihre
Einwechslungen das Ruder nicht rumreißen. Deville kam für den unscheinbar
gebliebenen Kader, Bahn machte Platz für einen weiteren Verteidiger, Sebastian
Schachten und zu allem Überfluss nahm Coach Vrabec den bislang am stärksten spielenden
Graudenz für Morabet vom Feld. Warum bringt man in dieser Situation einen
weiteren Verteidiger? Schachten sollte die Rechtsverteidigerposition von Ochs
übernehmen, damit dieser ins Mittelfeld vorrutschen konnte, dadurch erlahmte
man den rechten Flügel leider komplett, da Schachten mit merkbar weniger
Geschwindigkeit aufspielen konnte als der Kapitän der Frankfurter. Morabet war
stets bemüht Tempo in die Partie zu bringen, scheiterte jedoch da er zu viel
wollte und stattdessen häufig den Ball verlor. Deville ereignete das gleiche
Schicksal wie Kader. Die Kieler schirmten den Mittelstürmer vollständig ab und
ließen ihn nicht am Frankfurter Spiel teilhaben. Highlights waren auch im
zweiten Durchgang Mangelware. Doch der Ernstfall wäre trotzdem beinahe eingetreten.
Zehn Minuten vor dem Ende fällt Dominick Peitz ein Abpraller vor die Füße und
dieser faste sich einfach mal ein Herz und feuerte das Leder aus der zweiten
Reihe an die Querlatte. Pirson hätte keine Chance gehabt an den Ball zu kommen
und der FSV konnte sich glücklich schätzen in dieser Situation nicht den
Rückstand zu kassieren. Doch für Kieler wurde es in der 87. Minute ebenfalls
noch einmal brenzlig. Nach einer Hereingabe von rechts kam der eingewechselte
Morabet an den Ball und konnte diesen mit der Brust im gegnerischen 16er
annehmen. Bevor er es schaffte abzuschließen sprang Außenverteidiger Hermann
klärend dazwischen und konnte das Spielgerät aus dem Strafraum befördern. Auch
in der Nachspielzeit fehlte es an Motivation und Optimismus auf das entscheidende
Siegtor zu gehen. Die Frankfurter passten und passten und passten, bis
Schiedsrichter Zorn sich erbarmte und den Schlusspfiff ertönen lies.
15:49-
Abpfiff
Was
soll man damit anfangen? Starker Beginn, eine Stunde in Überzahl, keine
wirklich gefährlichen Torchancen und Kiel beinahe mit dem Siegtreffer. Ein
Punkt gegen die Störche zu holen ist bei weiten keine Schande, aber nicht nach
diesem Spiel. Der FSV gab sich schlicht und ergreifend mit der Mittelmäßigkeit
zufrieden, was teilweise die Gesamthaltung der Hinrunde wiederspiegelt. Es fehlt
an klar definierten Zielen an denen sich die Mannschaft, die Trainer und auch
die Leitung des Vereins orientieren müssen. Nach dem Abstieg aus der zweiten
Fußball-Bundesliga sprach man vom direkten Wiederaufstieg, doch nach der
einkehrenden Ernüchterung des Kaltstarts in Liga 3, lag der Fokus zunächst auf
Schadensregulierung. Bloß nicht zur erneuten Talfahrt ansetzen. Mit der darauf
folgenden Siegesserie setzte man ein Statement, dass die Mannschaft das Potenzial
hat sich selbst zu befreien und einen Blick nach oben zu wagen. Die Konstanz
verschwand jedoch nach einer Auswärtsniederlage beim Tabellenletzten. Zurück
war die Unsicherheit und weg war die Leichtigkeit der vergangen Spiele. Man
brachte die Hinrunde irgendwie zu Ende und wendete eine Blamage gegen den
Erzrivalen noch ab. Das Spiel zum Rückrundenstart gegen Kiel sollte wegweisend
sein und dies war es schlussendlich auch. Nicht Fisch, nicht Fleisch, nicht
gut, nicht schlecht. Schlichtweg keine Konstanz. Der sichere Mittelweg, statt
des Risikos. Auch Kiel scheiterte mit ihrer Spielweise an diesem Spieltag,
dennoch waren die Gäste gewillt mehr in die Waagschale zu werfen und etwas zu
riskieren. Der FSV hingegen versuchte einzig und allein seine Sicherheit wiederzufinden.
Nicht mehr und nicht weniger. Doch was will man damit erreichen? Stehen die
Weichen auf Ligaverbleib statt dem direkten Wiederaufstieg? Versucht man sich
vorerst vom Tabellenkeller fern zu halten oder oben anzugreifen? Welches Ziel
ist für die Rückrunde auserkoren?
Wo
soll es hingehen, FSV?
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